Moterra Neo Carbon LT 2 - 2024

Ich fahre das "Cannondale Moterra Neo Carbon LT2" des Modelljahrs 2023 nun seit ziemlich genau einem Monat. Kaufgründe waren neben dem maximal zulässigen Systemgewicht von bis zu 150kg und der stimmigen Ausstattung, natürlich auch der Angebotspreis, zur UVP wäre die Wahl auf ein anderes eMTB gefallen. Gegenüber der Ausstattungsliste auf der Herstellerseite gab es ein paar Abweichungen. Bei mir ist die "SRAM Code R"-Bremse verbaut anstatt der "Magura MT5". Bei den Reifen sind es hinten "Maxxis DHR2" (wie beschrieben) und vorne "Maxxis DHF" anstatt des "Maxxis Assegai". Die Reifenwahl kommt mir sehr entgegen, da der "DHF" merklich besser rollt" als der "Assegai", bei den Bremsen sind meine Erfahrungen leider etwas durchwachsen. Die ersten Touren (gemischt, von Stadt über Waldautobahn bis hin zu softeren Trails) und kleineren Trail-Abfahrten sind vollbracht und das "LT2" konnte sich von seiner besten Seite zeigen. Für mein Fahrergewicht musste die ab Werk verbaute Feder gegen eine härtere Feder getauscht werden. Dazu kamen nur noch Trinkflasche und Klingel ... und natürlich ein paar Pedale (bei mir Flatpedals "Crankbrothers Stamp 2"), mehr Auf- oder Umrüstung brauchte es nicht bei diesem Modell, selbst die "Mudguards" sind in geschraubter und robuster Variante bereits montiert. Nach Anpassung von Gabel-Luftdruck, Reifenluftdruck, Sattel- und Sattelstützeneinstellung, sowie Prüfen aller Schraubverbindungen und Speichenspannung, konnte die erste kleine 40km-Tour starten. Nach den ersten (etwas ruppigeren) Kilometern, wurde schrittweise das Ansprechverhalten der Federgabel noch angepasst, bis es für meinen Fahrstil passte. Etwas problematisch waren für mich die Bremsen. Als "Shimano XT inkl. organischen Belägen"-Fan bei der Bremsanlage, war die "SRAM Code R" mit ihren Sinter-Metall-Belägen gewöhnungsbedürftig. Richtiges und ausgiebiges Einfahren der Bremsen war unabdingbar. Erst nach ca. 100km hatte ich das Gefühl, dass sich an Druckpunkt, Bremswirkung, etc. nichts mehr verändert. Die Bremsen beißen richtig zu, allerdings erst wenn sie warm sind, die Dosierbarkeit ist nicht optimal, dazu neigen sie durch die Beläge arg zu Nebengeräuschen, dafür bleibt die Bremskraft auch bei längeren Abfahrten sehr hoch. Für mich war es dennoch nicht das Richtige. Die originalen Sinter-Metall-Beläge wurden gegen organische Beläge getauscht (in meinem Fall "SwissStop RS"). Die negativen Eigenschaften des eMTBs sind das recht hohe Gewicht und das in Auslieferungszustand sehr exponiert platzierte "Kiox 300"-Display. Als neutral würde ich den Sattel bewerten. Er ist recht hart und schmal, nicht unbequem und durchaus mehr als brauchbar, aber so richtig warm werde ich damit doch nicht. Ansonsten habe ich auf den ersten Touren/Abfahrten und den damit abgerollten paarhundert Kilometern nichts negatives feststellen können. Die Geometrie passt für mich sehr gut, man sitzt zentral, auch auf langen Touren sehr angenehm und man hat immer genug Druck aufs Vorderrad, damit es auch bei steilen Uphills auf dem Boden bleibt. Der Grip des 27,5" Hinterrads ist auch in unwegsamen und matschigen Geländer enorm, während das 29" Vorderrad auch bei schnellen Abfahrten präzise die Spur hält und Hindernisse gut überrollt. Bergab liegt es sehr satt und sicher und lässt sich auch auf ruppigem Untergrund kaum aus der Ruhe bringen. Das Fahrwerk passt sehr gut zum Rad und Gabel und Dämpfer harmonieren, es bügelt vieles einfach glatt und verliert so schnell nicht die Haftung und verlässt auch erst spät die Spur. Auf Touren-Strecken ist es sehr bequem und lässt sich auch effizient und bei Bedarf sehr zügig pedalieren. Man hat nie das Gefühl, dass man mit dem schweren und langhubigen Enduro fehl am Platz ist bei einer Radtour, man hats manchmal etwas schwerer als die Mitfahrer mit tourenorientierten Rädern, aber auch als Allrounder schlägt sich das "LT2" überdurchschnittlich gut. Selbst lange Anstiege lassen sich gut pedalieren und mit Umlegen des Lockhebels des Dämpfers dann auch fast ohne Wippen des Hinterbaus und mit nur minimalem Tretkraftverlust. Wer allerdings aufgrund des Mullet-Setups auf ein etwas verspielteres, agiles und wendiges eMTB hofft, wird enttäuscht sein, das "LT2" kann einstecken und austeilen im Gelände, aber nicht leichtfüßig von Wurzel zu Wurzel tänzeln. Wer also bei jedem kleinen Absatz abheben will oder ohne Umsetzen um engste Kurven zirkeln, ist mit einem anderen eMTB sicherlich besser aufgehoben. Für alle die ein tadellos verarbeitetes und stimmiges (Konzept und Ausstattung) Allzweck-Werkzeug für Stadt, Tour und raues Gelände suchen, denen Fahrsicherheit und Laufruhe wichtiger sind als Agilität und Verspieltheit, für die ist das Modell sicherlich eine Überlegung wert. Die Ausstattung ist sehr stimmig, ich konnte keine Komponente finden, die qualitativ hinter anderen merklich abfällt. Egal ob die griffigen verbauten Schraubgriffe, die robusten Laufräder oder die tadellos funktionierende und für mich ausreichend lange Vario-Sattelstütze (170mm Hub bei Rahmengrösse L), alles ist zu meiner absoluten Zufriedenheit. Alles ist auf ordentlichem bis gutem Niveau, die sehr steife 38er "ZEB Select"-Gabel ist ein Segen für schwere Fahrer und hartes Gelände (auch wenn die Einstellmöglichkeiten gegenüber Ultimate oder mancher "FOX"-Factory-Gabel reduzierter sind) und harmoniert super mit dem "Deluxe Select +"-Coil-Dämpfer. Über das E-Antriebssystem, egal ob der bärenstarke "Bosch Performanceline CX" (85nm) mit dem SMART-System, die (etwas klobige) Remote-Bedieneinheit, das scharfe und schöne "Kiox 300"-Display oder der ausdauernde 750Wh-Akku, muss man nicht viele Worte verlieren. Hier passt, ebenfalls bis auf das Gewicht von Motor und Akku, letztendlich alles. Auch bei den steilsten Anstiegen immer ausreichend Kraft, gute Reichweite (auch wenn es nicht direkt vergleichbar ist, bisher je nach Höhenmetern und Unterstützungsstufen mindestens 60km gekommen ... bei einem Fahrergewicht inkl. Kleidung und Rucksack von knapp 115kg!). Optisch gefällt es mir auch ausgesprochen gut, sogar merklich besser als auf den Produktbildern, dazu ist Verarbeitung und Lackierung wirklich tadellos, ganz wie man es bei der aufgerufenen UVP von 7499€ erwarten würde. Das der Marktpreis deutlich darunter liegt und dadurch auch den verbauten Komponenten sehr angemessen ist eine schöne Entwicklung für uns Kunden. Im Gegensatz zu den Rennrädern und Bio-MTBs von "Cannondale", sieht man die eMTBs des Herstellers nur recht selten. Da ich nun eigene Erfahrungen damit gesammelt habe, frage ich mich allerdings nach dem warum, dieses Modell muss sich sicherlich nicht vor Modellen mit ähnlicher Ausrichtung anderer Hersteller verstecken. Das führt dazu, dass man unterwegs immer wieder auf das Rad angesprochen wird, trotz der eigentlich recht polarisierenden Optik, kamen bisher immer nur positive Anmerkungen zu dem Rad. Auch wenn ich noch seitenweise zu dem Rad und meine bisherigen Erfahrungen schreiben könnte, beende ich es hiermit und wünsche allen viel Erfolg mit ihrer Kaufentscheidung und viel Spaß mit ihrem eMTB. Stand heute würde ich es mir wieder kaufen, vor allem für den tatsächlichen Kaufpreis, ich hoffe das ich noch lange Freude daran haben werde.